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Tagesseminar für potenzielle Praxisabgeber brachte wertvolle Informationen und Anregungen

Eine Praxisabgabe oder Übergabe vorzubereiten und erfolgreich zu vollziehen, kann anspruchsvoller sein, als eine Praxis zu gründen. Denn es gilt viel schon weit im Voraus zu bedenken und zu beachten – und die Chance, nachzusteuern und nachzubessern, gibt es hierbei in der Regel nicht.

Über Praxisgründungen oder Übernahmen wird viel geredet, es gibt viele Veranstaltungen, Seminare, Literatur und Dienstleistungsangebote von verschiedenen Seiten. Potenzielle Praxisabgeber finden dagegen deutlich weniger qualifizierte Angebote – und unabhängige Informationsveranstaltungen sind noch seltener. So setzten 15 Zahnärztinnen und Zahnärzte Ende Juli gerne einen ganzen Samstag ein, um sich in einem Seminar von unabhängigen Experten zu wesentlichen Fragen informieren zu lassen. Organisiert wurde das Praxisabgeberseminar in den Räumen der VP Med in Krefeld von Thomas Kirches, Inhaber der unabhängigen DentBeratung.

Bedenke man die vielfältigen Aspekte, so hat der Spruch, dass man die Praxisabgabe schon direkt nach der Praxisgründung planen müsse, schon seine Berechtigung, so Kirches. Ganz so langen Vorlauf brauche man nicht, aber es sei zu empfehlen, sich mindestens drei bis fünf Jahre vor der geplanten Abgabe mit den damit verbundenen Fragen zu befassen.

Die Praxis abzugeben, ist eine sehr persönliche Sache


Thomas Kirches hatte das Seminar mit unabhängigen Referenten organisiert. (Foto: MM/QN)

Dabei gehe es nicht allein um die Suche nach einem Nachfolger, um rechtliche und finanzielle Fragen, sondern vielmehr um ganz persönliche Fragen, die auch mit dem Partner und in der Familie diskutiert werden sollten. „Will ich jetzt wirklich schon aufhören?“, „Will ich gleich ganz aufhören oder lieber noch eine Zeit verkürzt mitarbeiten?“, „Was mache ich, wenn alles aufgeräumt, alle Bücher gelesen und alle Reiseziele abgearbeitet sind?“, „Was erwartet meine Partnerin, mein Partner von mir?“, „Komme ich damit klar, nicht mehr Chefin oder Chef zu sein?“ – Auch wenn manchem diese Fragen etwas banal vorkommen sollten, seien es doch immer wieder genau diese eher privaten Aspekte, die bei der Praxisabgabe Probleme machten. „Sprechen Sie mit Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner frühzeitig und offen über all diese Fragen“, so seine Empfehlung aus langjähriger Beratungspraxis.

Es gebe zudem nicht den einen Weg, der für alle passe. Niemand solle sich vom Gerede über unverkäufliche Praxen, den nicht gründungswilligen Berufsnachwuchs oder Investoren verschrecken lassen – „es ist so gut wie jede Praxis verkäuflich. Und wenn die Praxis nicht in den bisherigen Räumen fortgeführt werden kann, gibt es immer die Möglichkeit, neue Räume zu finden und die Praxis mit dem Nachfolger dorthin zu verlagern“, machte Kirches deutlich.

Er appellierte zudem an alle Abgeber, weiter in ihre Praxen zu investieren, Defektes zu ersetzen und sich für die letzten Jahre ein schönes Ambiente zu schaffen – das erhöhe nicht nur den Wert der Praxis für einen Übernehmer, sondern verbessere auch die Arbeits- und Lebensqualität des Inhabers und des Personals und nicht zuletzt die Patientenbindung. Und es mache natürlich auch auf potenzielle Übernehmer einen ganz anderen Eindruck, wenn alles gepflegt und freundlich aussehe.

Kniffeliges Steuerrecht

Neben diesen allgemeineren und wichtigen Überlegungen gibt es aber ganz handfeste rechtliche und steuerliche Aspekte, die bei der Übergabe oder Aufgabe einer Praxis beachtet werden müssen. Und auch diese brauchen Vorlauf und strukturiertes Vorgehen, um keine teuren Fehler zu machen. Ergänzend und vertiefend zu Kirches ersten Ausführungen machten die VP med-Experten Thomas Karch und Frank Kuhnert auf die Steuerfallen aufmerksam. Viele wüssten zwar um den Steuerfreibetrag für den Praxisverkauf, aber kaum jemand kenne die Tücken, die daraus je nach Erlös aus der Praxis und privater Situation resultieren könnten. Die Fallen stecken hier auch in Überlegungen, vielleicht doch noch etwas mitzuarbeiten – das müsse man im Einzelfall besser mit dem Finanzamt abstimmen.

Sollen teurere Objekte wie Autos, Kunst, Antiquitäten vorher aus dem Praxisvermögen entnommen werden, seien je nach Lage des Falles steuerliche Aspekte zu berücksichtigen. Auch die Praxisimmobilie erfordere besondere Sorgfalt.

Kniffelig und nicht pauschal zu beantworten ist auch die Frage, ob in den letzten Arbeitsjahren noch in das Versorgungswerk eingezahlt werde sollte oder lieber andere, private Vorsorgeanlagen bedient werden sollten. Das kann je nach Konstellation und zuständigem Versorgungswerk vorteilhaft sein.

Stolperfallen und weitere rechtliche Aspekte beleuchtete Rechtsanwalt Jens-Peter Jahn, Kanzlei „michels.pkms“, Köln. Wie Kirches empfahl er dringend, frühzeitig alle Dinge rund um die Praxis, von Inventar bis Mitarbeiter, rechtssicher aufzustellen. Vor allem beim Mietvertrag und der Betriebserlaubnis gebe es bei langjährig existierenden Praxen schon mal böse Überraschungen. Alle relevanten Unterlagen und Verträge sollten aktuell geprüft und zusammengestellt werden.

Aktuelles Inventarverzeichnis ist ein Muss

Vor dem Verkauf steht noch einmal Verwaltungsarbeit an – ohne ein aktuelles Inventarverzeichnis sollte nie ein Kaufvertrag unterzeichnet werden. Die Auflistungen des Anlagevermögens beim Steuerberater seien oft nicht aktuell, und ohne dieses aktuelle Verzeichnis laufe man Gefahr, Dinge mit der Praxis zu verkaufen, die man eigentlich behalten wolle. Es sei schon vorgekommen, dass plötzlich der auf die Praxis laufende Porsche oder ein teures Bild weg gewesen seien, weil diese Dinge nicht herausgenommen wurden und die Praxis „mit allem“ verkauft worden sei.

Wer nicht verkaufen, sondern seine Praxis aufgeben wolle, müsse ebenfalls eine ganze Reihe von Vorschriften und Regelungen beachten – einfach zusperren funktioniere nicht. Fallen stecken auch in den Kaufverträgen, zum Beispiel bei der Patientenkartei. Auch rechtfertige der Verkauf keine Kündigung der Mitarbeiter, diese müssen zudem schriftlich über die Praxisabgabe unterrichtet werden. Sein dringender Rat: Nichts und niemandem kündigen, bevor die Praxisübernahme nicht auch rechtlich sicher geregelt ist.

Nicht ganz überzeugen konnten die Experten des Bankhauses Merck, Frank Blasberg und Michael Brähler, mit ihren Ausführungen zum Thema Geldanlagemöglichkeiten in Niedrigzinszeiten.

Stimmiges, positives Bild der Praxis ist wichtig

Zum Abschluss brachte Prof. Dr. Thomas Sander (Medizinische Hochschule Hannover) den Zuhörern noch einmal ins Bewusstsein, wie wichtig eine gute Positionierung der Praxis für eine erfolgreiche Abgabe ist. Eine gute Praxis müsse auch nach außen gut sichtbar sein. Für einen potenziellen Übernehmer/Käufer müsse sich ein stimmiges, positives Bild ergeben. Es lohne sich, rechtzeitig in einen entsprechenden Internetauftritt etc. zu investieren. Auch sollte man immer wieder prüfen (lassen), wie die Praxis im Netz zu finden ist und wie sie bewertet wird. Das werde von Kaufwilligen heutzutage auch schnell gecheckt.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigten sich vom Seminar sehr angetan, es gab in den Pausen einen regen Austausch mit den Referenten und untereinander. Für viele wurde aus der ersten Überlegung, einen Profi als Berater hinzuzuziehen, nun ein fester Entschluss. Angesichts der positiven Rückmeldungen ist spätestens für das kommende Jahr ein weiteres Praxisabgeberseminar geplant. (MM)

Titelbild: Die Referenten des Praxisabgeberseminars in Krefeld (von links): Prof. Dr. Thomas Sander (MHH), Frank Kuhnert (VP med), Michael Brähler, Frank Blasberg (beide Merck Fink), Organisator Thomas Kirches, RA Jens-Peter Jahn (Michels.pkm) und Thomas Karch (VP med). Foto: MM/Quintessence News
Quelle: Quintessence News Praxisführung

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