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Land Baden-Württemberg hatte am 9. April 2020 per Corona-Verordnung Behandlungen auf „Notfälle“ beschränkt

Kurz vor Ostern hatte die Landesregierung Baden-Württemberg den Zahnärzten mit Paragraf 6 der Corona-Verordnung das Behandlungsspektrum in der Pandemie auf akute und Notfallbehandlungen reduziert. Nach Intervention von Kammer, KZV und Politik wurden die Vorgaben jetzt konkretisiert.

„Nach konstruktiven und einvernehmlichen Gesprächen mit der Zahnärztekammer und der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg hat das baden-württembergische Gesundheitsministerium über Ostern Auslegungshinweise zu Paragraf 6a der Corona-Verordnung der Landesregierung erarbeitet“, heißt es dazu in der Pressemitteilung des Sozialministeriums Baden-Württemberg vom 13. April 2020. Die Vorgaben sollen zunächst bis 15. Juni 2020 gelten, soweit sie nicht aufgrund der Entwicklungen der Corona-Pandemie vorher aufgehoben werden können oder gegebenenfalls auch verlängert werden müssen.

„Aus Gründen der Rechtssicherheit“

„Aus Gründen der Rechtssicherheit hatten sich viele Zahnärzte noch konkretere Vorgaben in Form von Auslegungshinweisen gewünscht“, heißt es in der Pressemitteilung. „Eine bedarfsgerechte zahnmedizinische Versorgung und der bestmögliche Schutz des medizinischen Personals ist mir auch in Krisenzeiten ein Herzensanliegen. Aus diesem Grund bin ich gerne dem Wunsch der Zahnärzte nach Auslegungshinweisen zu Paragraf 6a der Corona-Verordnung nachgekommen. Diese geben den Ärztinnen und Ärzten Rechtssicherheit“, sagte Gesundheitsminister Manne Lucha am Montag in Stuttgart.

„Wir sind froh, dass wir über die Osterfeiertage in sehr konstruktiven Gesprächen mit Herrn Minister Lucha klären konnten, dass die zahnmedizinische Versorgung der Bevölkerung in Baden-Württemberg weiterhin sichergestellt ist. Durch die Auslegungshinweise ist nun klargestellt, dass keine Patientin und kein Patient bei einem zahnmedizinisch notwendigen Behandlungsbedarf oder im Falle von Schmerzen, in dieser Zeit alleine gelassen wird,“ so Dr. Ute Maier, Vorstandsvorsitzende der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, und Dr. Torsten Tomppert, Präsident der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg.

Auslegungshinweise zu Paragraf 6a der Corona-Verordnung

„Nach Paragraf 6a Absatz 1 Corona-Verordnung dürfen bei der zahnärztlichen Versorgung von Patientinnen und Patienten in den Fachgebieten Oralchirurgie, Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und Kieferorthopädie nur akute Erkrankungen oder Schmerzzustände (Notfälle) behandelt werden. Andere als Notfallbehandlungen sind auf einen Zeitpunkt nach dem Außerkrafttreten dieser Verordnung zu verschieben. Nachfolgende Ausführungen gelten als ministerielle Auslegungshinweise für Paragraf 6a Absatz 1 Corona-Verordnung.

Behandlung akuter Erkrankungen: Behandlungen, die zum jetzigen Zeitpunkt nicht zwingend durchgeführt werden müssen, um eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes abzuwenden (zum Beispiel kosmetische Behandlungen), sind ausgeschlossen.

Medizinisch notwendige zahnärztliche Behandlungen, insbesondere solche zur Vermeidung einer Verschlechterung des Gesundheitszustands im Falle chronischer Zahnerkrankungen, können durchgeführt werden. Liegt eine zahnmedizinische Behandlungsbedürftigkeit vor, können unter Einhaltung der geltenden Hygienevorgaben grundsätzlich alle Maßnahmen zur Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten ausgeübt werden (vergleiche Paragraf 1 Absatz 3 Satz 1 Zahnheilkundegesetz – ZHG).

Schmerzzustände (Notfälle): Eine Schmerzbehandlung beziehungsweise eine Behandlung in Notfällen hat unter Beachtung der geltenden Hygienevorgaben grundsätzlich zu erfolgen.

Bei allen zahnmedizinischen Behandlungen soll, soweit möglich, die Verwendung folgender Geräte vorübergehend vermieden werden:

  • Ultraschallhandstücke, piezoelektrische Ultraschall- und Chirurgiegeräte,
  • Pulverstrahlgeräte,
  • Turbinen

Ebenso sollte derzeit jede Form der zahnmedizinischen Behandlung von Risikogruppen mit Risikofaktoren, wie zum Beispiel hohes Alter, kardiale Vorerkrankungen, pulmonale Vorerkrankungen (zum Beispiel Asthma, chronische Bronchitis), chronische Lebererkrankungen, Diabetes mellitus, onkologischer Patient, immunsupprimierter Patient - bedingt durch Erkrankungen oder Therapie – auf das notwendige Maß reduziert werden.“

Widersprüchliche Forderungen aus der Zahnärzteschaft

In den vergangenen Wochen waren derartige „von oben“ verordnete Einschränkungen, wie sie zum Beispiel in einigen Nachbarländern wie Dänemark gelten, von Zahnärzt*innen und Mitarbeiter*innen vielfach in Offenen Briefen und Petitionen an die Politik herangetragen worden. Selbst komplette Praxisschließungen waren gefordert worden. Diese Wünsche scheinen das Sozialministerium in Baden-Württemberg auch in den erlassenen Beschränkungen bestärkt zu haben. Wie ersten Reaktionen auf die Verordnung zu entnehmen war, waren Kammer und KZV in Baden-Württemberg in den vorangehenden Entscheidungsprozess wohl nicht einbezogen worden. Sie hatten umgehend direkt und über alle politischen Kontakte von der grün-schwarzen Landesregierung eine Änderung oder zumindest Konkretisierung der Verordnung gefordert. Bereits am Karfreitag kündigte das Ministerium daraufhin Gespräche und Nachbesserungen an.

Juristen wie Prof. Dr. Thomas Ratajczak forderten, dass der Paragraf 6a der Verordnung vollständig gestrichen werden sollte. Bei gesetzlich versicherten Patienten dürften nach Fünftes Buch Sozialgesetzbuch ohnehin nur medizinisch notwendige Behandlungen durchgeführt werden, für Selbstzahler und Privatversicherte ergebe sich dies so aus der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Ratajczak hatte am Wochenende auch eine  Normenkontrollklage in Betracht gezogen und am 14. April angekündigt, eine solche Klage jetzt vorzubereiten.

Maier und Tomppert betonen in ihrem Schreiben an die Zahnärzte in Baden-Württemberg, dass sie weiterhin die komplette Streichung des Paragrafen fordern: „Trotz der Ostertage ist es uns gelungen, für die Zahnärzteschaft in Baden-Württemberg vor Praxisbeginn am kommenden Dienstag die aufgrund der Änderung der Corona-Verordnung entstandene erhebliche Verunsicherung in der Kollegenschaft zu beseitigen. Unabhängig von den Auslegungshinweisen und dem bisher Erreichten fordern beide Körperschaften eine vollständige Streichung des mit der Vierten Verordnung der Landesregierung zur Änderung der Corona-VO vom 9. April 2020 eingefügten § 6a Abs. 1 Corona-VO.“

Quellen: Pressemitteilung des Sozialministeriums Baden-Württemberg/Schreiben KZV BW und LZK BW vom 13. April 2020/Quintessence News

Aktualisiert um das Schreiben der KZV BW und LZK BW am 14. Apirl 2020 um 13.50 Uhr. -Red.

Titelbild: Vladimir Sviracevic/Shutterstock.com
Quelle: Quintessence News Praxisführung Politik

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