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Zahnärzte, Ärzte und Krankenkassen wollen keine Einheitsgebührenordnung

Die Gesundheitspolitik, vor allem die Forderung der SPD nach einem Ende der sogenannten Zwei-Klassen-Medizin, brachte die Verhandlungen zwischen SPD und Unionsparteien über einen Koalitionsvertrag in die Verlängerung. Und auch jetzt stehen die Chancen auf eine Einigung am heutigen Montag laut SPD-Gesundheitsexperte Prof. Dr. Karl Lauterbach nur 50:50, wie er im ARD-Morgenmagazin sagte. Heute tagen die Verhandlungspartner erneut in der SPD-Zentrale im Willy-Brandt-Haus in Berlin.

Die Idee einer Angleichung der Gebührenordnungen für die gesetzliche Krankenversicherung und die Privatliquidation wird von Ärzten und Zahnärzten grundsätzlich abgelehnt. Das machten Vertreter der Ärzte-und Zahnärzteschaft bereits im Wahlkampf und rund um die Sondierungsgespräche und Verhandlungen sowohl der Jamaika-Runde als auch der jetzigen Koalitionsgespräche von Union und SPD immer wieder deutlich.

Zuletzt hatten sich Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) für die Zahnärzteschaft auf ihrem Neujahrsempfang am 30. Januar 2018 in Berlin zu den laufenden Koalitionsverhandlungen klar positioniert. In seinem Grußwort in der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft sagte der KZBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Wolfgang Eßer, in Zahnarztpraxen gebe es weder eine vermeintliche „Zwei-Klassen-Medizin“, noch auch nur im Ansatz die vieldiskutierte Wartezeitenproblematik. Auch Scheindebatten um „gerechte“ Honorarordnungen führten nicht weiter.

Versorgung ist kein Versuchslabor

„Wollen wir vielmehr die echten Herausforderungen des Gesundheitssystems bewältigen, dann muss die Versorgung der Patienten im Mittelpunkt notwendiger Reformen stehen. Die Zielsetzung der Sondierungen, deutschlandweit gleichwertige Lebensbedingungen sowie eine gute Versorgung vor Ort in Städten, auf dem Land, in strukturstarken und -schwachen Regionen zu schaffen, findet deshalb folgerichtig unsere Unterstützung.“

Für die Sicherstellung der Versorgung benötige die Vertragszahnärzteschaft in einem weltweit anerkannten, pluralistischen Gesundheitssystem vor allem stabile und verlässliche Rahmenbedingungen. „Verunsicherung, Experimente und Systemwechsel sind substanziellen Versorgungsverbesserungen nur abträglich. Die Gesundheitsversorgung unserer Patienten ist kein Versuchslabor!“, betonte Eßer.

GKV-Versicherte mit System zufrieden

Aber auch die gesetzlichen Krankenkassen können der Forderung nach einer Bürgerversicherung und einer Einheitsgebührenordnung, kurz „EGO“, nichts abgewinnen. 85 Prozent der Menschen seien sehr zufrieden (30 Prozent) beziehungsweise zufrieden (55 Prozent) mit der medizinischen Versorgung, erklärte der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek). Er hatte eine Forsa-Umfrage unter 1.000 GKV-Versicherten in Auftrag gegeben. Die große Mehrheit der Befragten wertschätze die Leistungsprinzipien der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), wie die kostenfreie Familienversicherung, das Sachleistungsprinzip oder die solidarische Beitragserhebung.

Deshalb geht nach Auffassung der vdek-Vorstandsvorsitzenden Ulrike Elsner die aktuelle Debatte um die „Zwei-Klassen-Medizin“ an der Realität vorbei. „Von einer systematischen Schlechterbehandlung der GKV-Patienten kann deshalb nicht die Rede sein“, so Elsner bei der Präsentation der Ergebnisse vergangene Woche in Berlin.

Es sei aus Sicht des vdek nicht für zielführend, eine Honorarangleichung anzustreben und mehrere Milliarden Euro mit der Gießkanne in der vertragsärztlichen Versorgung zu verteilen. Vielmehr sollte überlegt werden, Fehlanreize in der Vergütungssystematik zu analysieren und zu beseitigen. Man müsse sich verstärkt mit den Themen Wartezeit und medizinische Versorgung auf dem Land befassen. Hier seien die Kassenärztlichen Vereinigungen in der Pflicht.

EGO: mehr Schaden als Nutzen für GKV-Versicherte

Die von der SPD geforderte einheitliche Gebührenordnung (EGO) würde die angestrebten Ziele wie kürzere Wartezeiten oder eine stärkere Ansiedlung von Ärzten in strukturschwachen Regionen nicht erreichen. Stattdessen würde sie die Beiträge in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verteuern. Zu diesen Ergebnissen kommt ein aktuelles Gutachten führender Gesundheitsökonomen, Juristen und Praktiker, das von Bundesärztekammer und PKV-Verband in Auftrag gegeben wurde.

Eine einheitliche Gebührenordnung würde demnach für die GKV-Versicherten mehr Schaden als Nutzen bringen. Die von der SPD versprochene finanzielle Kompensation für Ärzte würde zu einer Erhöhung des GKV-Beitrags um 0,46 Prozentpunkte führen. Schließlich wäre die Vereinheitlichung der kassen- und privatärztlichen Vergütung aus rechtlicher Sicht ein verfassungswidriges und gegebenenfalls auch ein europarechtswidriges Unterfangen.

Titelfoto: Cineberg/Shutterstock.com
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