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KZBV-Vorsitzender Eßer: Es kommt auf die Solidarität unter den Zahnärzten an – KZVen müssen bis 3. Juni entscheiden

Am 5. Mai 2020 ist die Verordnung für den sogenannten Schutzschirm für die Vertragszahnärzte in Kraft getreten. Aber was bedeutet das für die Zahnarztpraxis? Der Vorstand der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung hat jetzt in einem Gespräch erläutert, wie es weitergeht und worauf es ankommt.

Der Berufsstand erfahre im Augenblick wenig Solidarität von außen. Umso wichtiger sei die Solidarität im Berufsstand selbst: „Wir müssen es jetzt selbst solidarisch und kollegial regeln. Und wir dürfen es nicht zulassen, dass Kolleginnen und Kollegen unverschuldet wegen der Pandemie in existenzielle Schwierigkeiten kommen oder gar ihre Praxis vor dem Aus steht.“ Diesen Appell richtet der KZBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Wolfgang Eßer an die Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte.

Kurzarbeitergeld für die Zahnarztpraxen


Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV (Foto: KZBV/Spillner)

Die Klarstellung, dass Zahnarztpraxen weiter grundsätzlich Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben, sei eine sehr wichtige Aussage für die Praxen, betonte Eßer. Die KZBV sehe sich hiermit in der von ihr und der Bundeszahnärztekammer immer vertretenen Position bestätigt. Dies und die Schutzschirm-Verordnung eröffne die Chance, die Zahnarztpraxen in der Krise zu unterstützen und die vertragszahnärztliche Versorgung sicherzustellen. Er beklagte erneut, dass die Politik und die Kassen sich ihrer Verantwortung für die Sicherstellung entzogen hätten.

Liquiditätshilfe ist keine Budgetobergrenze

Wichtig sei auch die nochmalige, durch das Bundesgesundheitsministerium am 18. Mai 2020 schriftlich mitgeteilte Bestätigung, dass es sich bei den in der Verordnung genannten Höhe des Liquiditätszuschusses von 90 Prozent der Vergütung des Vorjahres nicht um eine Budgetobergrenze für das Jahr 2020 handelt, so Eßer. Einige Krankenkassen hätten eine solche Auslegung der Verordnung erkennen lassen. Daher sei der KZBV-Vorstand noch einmal im Ministerium vorstellig geworden, um diese Frage zu klären. Das BMG stütze hier mit seiner Bestätigung „vollumfänglich“ die Rechtsauffassung der KZBV.

KZVen prüfen Umgang mit der Verordnung


Martin Hendges, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KZBV (Foto: KZBV/Baumann)

Aktuell prüfen die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZVen) in den Ländern, ob sie von der Regelung der „SARS-CoV-2-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung“ Gebrauch machen. Bis zum 3. Juni läuft die Frist. Denn der sogenannte Schutzschirm bezieht sich auf die KZVen und nur indirekt auf die Zahnarztpraxen, wie Eßer und Martin Hendges, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KZBV, im Pressegespräch erläuterten. Er ist zunächst eine Liquiditätssicherung in Bezug auf die Abschlagszahlungen, die die KZVen von den Krankenkassen erhalten und aus denen sie monatlich die Vergütung an die Vertragszahnärzte zahlen. Die Mehrzahl der KZVen verhandelt mit den Verbänden der Primär- und Ersatzkassen Punktwerte und Honorarvolumina jährlich neu. Sie erhalten dementsprechend Abschlagszahlungen und verteilen diese entsprechend der Honorarverteilungsmaßstäbe (HVM). Mit der Quartalsabrechnung der Zahnarztpraxen werden dann die tatsächlich erbrachten Leistungen abgerechnet. Überzahlte Abschläge gehen an die Kassen zurück.

Für diese KZVen sichert die Schutzschirmregelung, dass sie auch im 3. und 4. Quartal 2020 mit 90 Prozent des Honorarvolumens 2019 (in Euro) von den Kassen als Abschlag für ihre Zahlungen an die Zahnärzte rechnen können – und nicht eine unter Umständen deutlich geringere Summe erhalten, die sich dann am 2. Quartal 2020 orientiert. Im 2. Quartal wird vor allem der April negativ zu Buche schlagen, da in diesem Monat der stärkste Einbruch in den Praxen zu verzeichnen war, wie Abfragen der KZVen gezeigt hätten. Zudem müssten die KZVen die zu viel erhaltenen Abschläge sonst für das 2. Quartal an die Kassen zurückzahlen. Der Schutzschirm sichert also die Liquidität der KZVen für ihre Zahlungen an die Vertragszahnärzte.

Stichwort Übersteller-KZVen

Aber es gibt auch sogenannte Übersteller-KZVen, zum Beispiel Schleswig-Holstein und Hamburg, die von den Kassen das auf der Grundlage des Vorjahres ausgehandelte Gesamthonorarvolumen komplett erhalten und selbst nach ihrem HVM an die Vertragszahnärzte verteilen. Einige KZVen haben auch Mischformen mit den Kassen ausgehandelt – von einzelnen Kassen gibt es Abschlagszahlungen, andere überstellen das Honorarvolumen für das Jahr komplett. Für diese reinen Übersteller-KZVen stellt sich das Problem mit den Abschlagszahlungen in diesem Jahr nicht, da sie ja die 100 Prozent vereinbartes Honorarvolumen erhalten. Die Probleme kommen dann je nach Leistungsvolumen 2020 im Folgejahr, da sich das überstellte Jahresbudget in der Regel am Volumen des Vorjahres orientiert.

Indirekte Wirkung für die Zahnarztpraxen

Für die Zahnarztpraxen wirkt der Schutzschirm also indirekt – er sichert, dass die monatlichen Abschläge der KZVen auch 2020 gezahlt werden können. Zudem können die KZVen damit Zahnarztpraxen in besonderen Lagen – vor allem jenen von Praxisgründern „und das betrifft vor allem junge Frauen“, so Eßer – stützen. Dies setzt bei den meisten KZVen allerdings voraus, dass Vorstände und/oder Delegiertenversammlungen entsprechende Regelungen erarbeiten und abstimmen. Viele KZVen bereiteten jetzt außerordentliche Delegiertenversammlungen vor, um ihre Honorarverteilungsmaßstäbe, Regelungen und gegebenenfalls auch Satzungen so anzupassen, dass die gewünschte Unterstützung für besonders betroffene Praxen möglich werde, berichteten beide aus einer gerade abgehaltenen Online-Konferenz mit den KZV-Vorständen. Die KZVen stünden nun vor der Herausforderung, „ermessensfehlerfreie Entscheidungen“ zu treffen, so Hendges.

Es gebe nichts schönzureden, so Eßer, die Verordnung sei und bleibe enttäuschend für die Zahnärzte. Aber es müssten alle Wege genutzt werden, um Schaden von den Praxen abzuwenden.

Stichwort Schutzausrüstung

Zum Thema Schutzausrüstung erklärte Eßer, dass es bei den Ärzten im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) eine eigene Regelung für die Versorgung der Vertragsärzte mit Schutzausrüstung im Pandemiefall gebe. Damit seien auch die Kassenärztlichen Vereinigungen hier für die Ausstattung der Praxen mit verantwortlich. Eine vergleichbare Regelung gebe es für die Vertragszahnärzte im Bema nicht.

Für Zahnärzte sei schon im „Normalbetrieb“ eine andere Anforderung an die Hygiene und die persönliche Schutzausrüstung für Behandler und Personal gegeben. Es sei in den vergangenen Jahren allerdings vermehrt gelungen, die Kostensteigerungen gerade auch im Bereich Hygiene in den Vertragsverhandlungen geltend zu machen und damit höhere Punktwerte zu erreichen. Hendges und Eßer fordern daher alle Praxen noch einmal eindringlich dazu auf, sich am ZäPP, dem Zahnärzte-Praxispanel, zu beteiligen. Nur mit einer breiten und soliden Datenbasis sei es möglich, Faktoren wie gestiegene Hygienekosten in den Honorarverhandlungen erfolgreich bei den Kassen zu durchzusetzen.

Diskussion noch lange nicht am Ende

Ob der jetzt verordnete Schutzschirm für die Zeit der Corona-Pandemie ausreichend sein wird, hänge nun vom weiteren Pandemiegeschehen und von der Nachfrage der Patienten ab. Daher sei in der Verordnung auch eine Evaluierung durch das BMG im Oktober 2020 angesetzt, damit die Politik gegebenenfalls nachsteuern könne. Insgesamt sei man mit Blick auf die Kosten der Pandemie und deren Folgen auch im Gesundheitswesen noch lange nicht am Ende der Diskussion, so Eßer und Hendges.

Marion Marschall, Quintessence News

Titelbild: Der KZBV-Vorstand: Dr. Karl-Georg Pochhammer, Martin Hendges, Dr. Wolfgang Eßer (von links) (Foto: KZBV/Jardai)
Quelle: Quintessence News Politik Praxis Nachrichten

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