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KZBV kämpfte bis zum Schluss – Zusätzliche Untersuchungen und Schmelzhärtungsmaßnahmen kommen ab 1. Juli 2019

Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) begrüßt die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom 17. Januar 2019, mit der dieser das Konzept der Zahnärzteschaft zur zahnmedizinischen Prävention bei Kleinkindern weitgehend umgesetzt hat. Für gesetzlich krankenversicherte Kleinkinder bis zum vollendeten 33. Lebensmonat sind jetzt drei zusätzliche zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen vorgesehen.

Bereits im Jahr 2014 hatte die Zahnärzteschaft ein wissenschaftliches Konzept zur Vermeidung frühkindlicher Karies mit dem Ziel vorgelegt, Versorgungslücken bei der Vermeidung und Behandlung der so genannten Nuckelflaschenkaries zu schließen.

Neue Leistungen ab 1. Juli 2019

Der Beschluss wird dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vorgelegt und tritt nach Nichtbeanstandung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger, frühestens jedoch am 1. Juli 2019, in Kraft. Neue Leistungen können erst dann erbracht werden, wenn der Bewertungsausschuss über die Höhe der Vergütung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (Bema) entschieden hat.


Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung. (Foto: KZBV/axentis.de)

Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV, erklärte zum hart erkämpften G-BA-Beschluss: „Das ist ein großer Erfolg im Kampf gegen frühkindliche Karies. Zugleich ist es ein wichtiger Meilenstein, um unsere kleinsten Patienten künftig noch besser zu schützen und für sie optimale Voraussetzungen für eine lebenslange Zahn- und Mundgesundheit zu schaffen. Alle Eltern sollten mit ihren Kindern daher die neuen zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen im selben Umfang in Anspruch nehmen, wie die bereits seit vielen Jahren bewährten ärztlichen Untersuchungen für Kinder.“

Langwierige Beratungen

Wie aus KZBV-Kreisen zu hören war, musste für diese Entscheidung des G-BA bis zum Tag der Abstimmung gekämpft werden, bis zum Vorabend der Sitzung sei nicht sicher gewesen, dass der G-BA den neuen Leistungen zustimmen werde. Insgesamt brauchte es dreieinhalb Jahre mit aufwendigen Methodenbewertungsverfahren, um die neuen, vom Gesetzgeber schon 2015 im Präventionsgesetz beschlossenen Leistungen für die ganz kleinen Patienten in die vertragszahnärztliche Versorgung aufzunehmen. Der G-BA nahm eine Bewertung der oralpräventiven Effekte zusätzlicher Früherkennungsuntersuchungen für Kinder vor dem 30. Lebensmonat vor und beauftragte zudem das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) mit einer Bewertung einer Fluoridlackapplikation im Milchgebiss zur Verhinderung des Voranschreitens und des Entstehens von Initialkaries beziehungsweise neuer Kariesläsionen.

Gegenwind von Kassen und Patientenvertretern

Gegenwind kam dabei von den Krankenkassen, die die zusätzlichen Ausgaben möglichst klein halten wollten und bewährte Maßnahmen wie die lokale Fluoridierung in Frage stellten. Aber auch die Patientenvertreter im G-BA hätten sich gegen die neuen Leistungen gestellt, heißt es.

Die nach dem G-BA-Beschluss veröffentlichte Pressemitteilung von Patientenvertretern im G-BA (Deutscher Behindertenrat, Bundesarbeitsgemeinschaft der Patientenstellen, Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V. (DAG SHG) und Verbraucherzentrale Bundesverband) zeigt sich gegenüber den neuen Leistungen ablehnend. Der Beschluss habe das Ziel verfehlt: „Neben der etablierten Gruppenprophylaxe und den kinderärztlichen Untersuchungen (Gelbes Heft) sollen Eltern nun auch noch zusätzlich regelmäßig ab dem 6. Lebensmonat mit ihrem Kind zum Zahnarzt gehen“, so die Kritik.

Patientenvertreter kritisieren doppelte Vorsorgestrukturen

„Damit wurde leider ein Beispiel für das Präventionsdilemma geschaffen“, so Prof. Raimund Geene, ständiger Patientenvertreter im Unterausschuss Methodenbewertung. Der studierte Politikwissenschaftler ist Vertreter der DAG SHG und als Experte für Public Health unter anderem als Professor für Gesundheitsförderung und Prävention der Alice Salomon-Hochschule der Charité tätig. „Wir wissen, dass in einigen Familien mit besonderer Sozialstruktur Karies häufiger ist und zudem die Inanspruchnahme zahnärztlicher Vorsorgeuntersuchungen hier geringer ausfällt“, so Geene. Die Patientenvertretung fordere daher die Stärkung von zielgruppenspezifischen Maßnahmen als Gruppenprophylaxe, da auch die Betreuungsquote von Kleinkindern ansteige und den Einrichtungen hier eine besondere Rolle zukomme. Geene betonte, dass bereits die Untersuchungen zur Mundgesundheit in die kinderärztlichen Untersuchungen aufgenommen worden seien und der Kinderarzt zum Zahnarzt überweise. Die neuen Positionen hätten nun parallele Vorsorgestrukturen geschaffen, statt die Zusammenarbeit von Kinderärzten und Zahnärzten zu fördern, so Geene.

Modellprojekt in Pirmasens-Zweibrücken

Neben dem KZBV-Vorstandsvorsitzenden Eßer hatte sich unter anderem auch der frühere Vorstandsvorsitzende der KZV Rheinland-Pfalz, SanRat Helmut Stein, stark in die Beratungen eingebracht. Stein, ein Vorreiter der Gruppenprophylaxe bei Kindern und Jugendlichen, hatte zudem in seiner Region Pirmasens-Zweibrücken ein wissenschaftlich begleitetes Modellprojekt der KZV Rheinland-Pfalz mit den Krankenkassen vereinbaren können, in dem die jetzt in den Leistungskatalog aufgenommenen Leistungen getestet werden konnten. Dazu liegt bereits ein Abschlussbericht mit der wissenschaftlichen Evaluierung der Universität Greifswald vor, wie die zm berichtet.

Der KZBV war es zudem gelungen, mit einigen Krankenkassen, so der Barmer, Vereinbarungen zu schließen, nach denen diese Kassen die Vorsorgeleistungen für ihre Versicherten bereits übernommen haben. Das brachte ihnen allerdings Kritik vonseiten des Bundesversicherungsamts ein, sodass einige Kassen die Leistungen wieder einstellten.

Präventionslücke geschlossen

Auch die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) begrüßt diese Entscheidung des G-BA. Damit ist die jahrelange Forderung der Zahnärzteschaft für eine bessere Versorgung von Kleinkindern von 0 bis 3 Jahren auf den Weg gebracht.

„Wir sind froh, dass diese Präventionslücke endlich geschlossen wird“, so Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der BZÄK. „Deutschlandweit sind etwa 15 Prozent der unter dreijährigen Kinder von Karies betroffen, besonders Kinder aus Familien in sozial schwierigen Lebenslagen leiden zu oft unter frühkindlicher Karies, auch Nuckelflaschenkaries genannt. Wir Zahnärzte haben schon vor Jahren ein wissenschaftliches Konzept vorgelegt, wie man dies effektiv angehen könnte. Ein wesentlicher Baustein waren die Frühuntersuchungen vom ersten Zahn an. Ab dem Sommer dürfen endlich Eltern mit ihren Kleinkindern die neuen zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen in Anspruch nehmen.“

Zweimal pro Halbjahr Zahnschmelzhärtung

Das ärztliche Kinderuntersuchungsheft wurde bereits im vergangenen Jahr im Sinne zahnärztlicher Früherkennungsuntersuchungen umgestaltet, unter anderem sind im „Gelben Heft“ nun Verweise vom Kinderarzt zum Zahnarzt für die Altersgruppe vom 6. bis 64. Lebensmonat enthalten. Die jetzt beschlossene Kostenübernahme der Gesetzlichen Krankenversicherungen ist ein weiterer Schritt zur Verbesserung der Mundgesundheit von Kleinkindern: Bis zum vollendeten 33. Lebensmonat sind drei zusätzliche zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen vorgesehen, inklusive eingehender Untersuchung, Beratung der Eltern und Anleitung zum täglichen Zähneputzen beim Kleinkind. Ferner haben Kleinkinder einen Anspruch auf eine Zahnschmelzhärtung mit Fluoridlack zweimal im Halbjahr. So soll frühkindlicher Karies vorgebeugt werden.

Ursachen für die frühkindliche Karies sind übermäßiges Trinken von zucker- und säurehaltigen Getränken, zum Beispiel aus Saugerflaschen in Kombination mit unzureichender Mundhygiene im frühen Kindesalter. Die Häufigkeit der Milchzahnkaries liegt bei 10 bis 15 Prozent, in sozialen Brennpunkten steigen die Prävalenzen bis auf etwa 40 Prozent.

DGPZM begrüßt neue Leistungen


Prof. Dr. Stefan Zimmer, Leiter des Departments für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der UW/H und Präsident der DGPZM. (Foto: UW/H)

„Ich bin zuversichtlich, dass die neuen Positionen einen erheblichen Beitrag zur Verbesserung der Mundgesundheit bei Kindern unter sechs Jahren leisten werden“, so der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Präventive Zahnmedizin (DGPZM), Prof. Dr. Stefan Zimmer. „Die zeitliche Angleichung an das gelbe Untersuchungsheft dürfte außerdem zu einer erhöhten Inanspruchnahme dieser Leistungen führen. Einen weiteren Schub für die Kariesprävention im Milchgebiss erwarte ich mir von der Erhöhung der Fluoridkonzentration in Kinderzahnpasten, die wir im letzten Herbst beschlossen haben. Insgesamt bin ich sehr optimistisch, was die Entwicklung der Zahngesundheit im Milchgebiss angeht“, so Zimmer.“

Quellen: Pressemitteilungen der KZBV, des G-BA, der BZÄK, der Patientenvertretung im G-BA und der DGPZM und eigene Recherchen. Zuletzt überarbeitet und ergänzt am 25.01.2019, 12 Uhr.

Titelbild: Ondrej Schaumann/shutterstock.com
Quelle: Quintessence News Prävention und Prophylaxe Politik

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